Ein historisches Wohnhaus, seit 100 Jahren im Familienbesitz; mehrfach substanzfremd renoviert; vier Erben, von denen die einen verkaufen und die anderen renovieren wollen: Ein bauliches Abenteuer in drei Akten.
Der Eggenhof nahe Luzern ist der letzte einer Gruppe von sieben Bauernhöfen aus dem 18. Jahrhundert. Das historische Ensemble steht heute inmitten neuzeitlicher Überbauungen, umgeben von alten Hofbäumen, einem Obstgarten und Wiesland.
Und weil das Grundstück in der Bauzone liegt, an ruhiger Lage, nah am Stadtzentrum und mit unverbaubarem Ausblick auf Rigi und Pilatus, ist es für Immobilieninvestoren eine Toplage. Die Erbengemeinschaft ist sich nicht einig, was mit dem Eggenhof geschehen soll: Verkaufen und abreissen, sagten die beiden Brüder; erhalten und renovieren, die beiden Schwestern.
Für den Abriss hätten vielleicht die Modernisierungen der vergangenen Jahrzehnte gesprochen: Abgesehen von Hinweisen und Jahreszahlen, wie jener von 1729 an der Kellertreppe, deutete im Wohnhaus nichts auf das Alter der Bausubstanz hin. Die verputzte Fassade mit sprossenlosen Einflügelfenstern erhöhte die Diskrepanz: Im Familienalbum belegt ein vergilbtes Foto aus dem Jahre 1924 nämlich, dass es einst von einer Schindelfassade und filigranen Sprossenfenster geschmückt war.
Aber es war die die Scheune mit ihrer intakten, 200 Jahre alten Zimmermannskonstruktion, welche das Gesicht des als Experten geladenen Architekten der Altbauweise aufleuchten liess. Ein Dachstuhl wie aus dem Lehrbuch, mit Steckzapfen und voluminösen Dimensionen der tragenden Pfosten, aufgebaut auf einer Bruchsteinmauer, die noch deutlich älter sein dürfte: Das alles weckte Visionen von atmosphärischen Wohnräumen in historischer Substanz.
Wir waren sehr zufrieden mit den Handwerkern der Altbauweise. Die Fachleute haben mit ihrem hohen Fachwissen und lösungsorientiertem Handeln vor Ort eine tolle Arbeit geleistet. Das Arbeitsklima war von respektvollem, wertschätzenden Umgang geprägt und stärkte das gegenseitige Vertrauen.
— R. Wüthrich, Bauherrenvertretung Eggenhof, Luzern
Nachdem der von der Altbauweise lancierte Kompromiss akzeptiert wurde, das Erbe in Form von verkäuflichem Bauland und renovierbarem Gehöft genau hälftig zu teilen, konnte das Abenteuer «Eggenheuferneuerung» beginnen.
Abenteuer deswegen, weil die Wahrheit, was sich wirklich unter den «Renovation-Schichten» aus vielen Jahrzehnten verbirgt, erst mit dem Rückbau an den Tag kommt. Dieser hielt alle Beteiligten 13 Monate lang in Atem: Schicht um Schicht wurde abgetragen, alle Bauteile auf ihre historische Bedeutung überprüft und nichts entsorgt, was zur Ursprungs-Substanz gehört.
Bald wurde klar, dass das Bauernhaus in der Biedermeierzeit, vermutlich um 1840, aufgestockt und mit klassizistisch symmetrischen Fenstern versehen worden war. Zudem waren die Decken angehoben worden. Ein dendrochronologisches Gutachten, die Altersbestimmung aufgrund der Jahrringe im Bauholz, ergab für das Wohnhaus eine Schätzung (Bauzeit um 1700), für die Scheune aber das exakte Jahr 1819.
Jetzt beginnt die kreative Arbeit des Architekten, die Einfühlung in die Substanz und Fachwissen verlangt: Passt das vorgesehene Raumkonzept zur Raum- und Tragstruktur? Sind die Raumverbindungen richtig gewählt – oder kommen unvermutete Türen zum Vorschein?
Es stellen sich statische Fragen: Zum Zustand der Tragstruktur und der Decken, Wände und Böden. Oder ästhetische: Welche dieser Bauteile sollen zu atmosphärischen Augenfängern werden? Und natürlich technische: Sollen die Böden schallmässig ertüchtigt werden? Wie kann die Dämmung der Aussenwand erfolgen, um zugleich die Wärmeaufnahme durch Sonneneinstrahlung in der massiven Holzwand zu ermöglichen und die Kapillarität der Aussenwandmaterialien zu gewährleisten?
Für die Realisierung der Antworten auf diese Fragen braucht es altbauversierte Handwerker. Hier kommt das Netzwerk der Altbauweise zum Tragen: Die regionale Werkgruppe Zentralschweiz. Dies sind Fachleute, die ihr Handwerk ebenso wie den Umgang mit alter Bausubstanz beherrschen, von Altholz-Reparaturen zum Einziehen neuer Sparren im Dach bis zum langwierigen Aufbau der Holz-Schindelfassade, der Konstruktion eines alten und eines neuen Balkongeländers und zur Evaluation und zum Einbau eines geeigneten Heizsystems.
Vor Überraschungen ist man indes im Bauprozess nie gefeit. Bei Altbauten sind sie allerdings bisweilen erfreulich: Im Eggenhof etwa der Fund von mit alten Backsteinen ausgefachten Wänden und mit Sandsteinplatten bedeckter Böden. Anderen, negativen Überraschungen zum Trotz: Im Allgemeinen bestätigte sich, dass die handwerkliche Qualität unserer Vorfahren hoch war und ihre Bauteile Jahrhunderte problemlos überdauern.
Mit dem nötigen Know-how und dem Engagement aller Beteiligten war es so auch im Fall des Eggenhofs möglich, den Erhalt des Hauses zu sichern und der jungen Familie ein Juwel zu sichern.
Mehr zum Thema finden Sie im PDF
Die Altbauweise Schweiz ist in Regionalgruppen aufgeteilt. Diese kennen die örtlichen Gegebenheiten und wissen, wen man wo wofür fragen muss. Daher, suchen Sie Ihre Ansprechperson in der Nähe Ihrer Liegenschaft und finden Sie einen Profi.